13. Dezember - Über den Mut zu scheitern

Über den Mut zu scheitern

Dürfen wir scheitern? Wir erleben im Moment die Sozialwirtschaft – und genauso auch andere Bereiche, wie z.B. Schulen, die am Rande des Leistbaren entlangschlittern. Personalengpässe und -ausfälle, ein Berufsbild, in dem der Mangel schwerer wiegt und mehr wahrgenommen wird, als all das Gute, das erreicht wird. Es bleibt eine Unzufriedenheit mit dem Ganzen. Und das ist nachvollziehbar, mit all seinen Auswirkungen, von Job-Müdigkeit bis Burnout.

Aber bleibt wirklich so gar nichts übrig? Auf der Messe ConSozial habe ich mit einem Mann gesprochen, der in seiner Einrichtung die Einstellung vertritt: „Wir machen es möglich. Irgendwie!“ Ein anderer sprach über neue Wohnmodelle, wie ein gemeinsames Leben anders aussehen könnte. Es gibt Ideen, die auf Widerstand stoßen. Provokativ möchte ich jedoch in den Raum stellen: Können wir es uns leisten, etwas nicht auszuprobieren?

Schauen wir uns die kleineren Dinge des Alltags an, nämlich die, an denen wir etwas verändern könnten: Die Struktur im Team-Meeting, unsere Kommunikationswege, die Aufteilung von Arbeiten in einer Schicht, auch manch ein Prozess, der schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten gelebt wird. Und nun stellen wir uns die Frage: „Ist es gut so?“ Jedes noch so kleine Zögern, hier mit „ja“ zu antworten, ist bereits ein Zeichen, dass sich der Wunsch nach Veränderung zeigt.
Nächste Frage: „Wissen wir, ob es anders besser ist?“ Die Antwort kann ich Ihnen geben: Nein, wir wissen es in der Regel nicht. Manchmal wurde bereits daran gearbeitet, aber was auch immer bis dahin versucht wurde, es führte nicht zur Verbesserung.

Sowohl ein: „Das haben wir schon immer so gemacht!“, als auch der Satz: „Das haben wir schon alles ausprobiert“, sind jedoch genau die Ratgeber, die im Keim ersticken, was Verbesserung hervorbringen könnte.
Irgendwo zwischen diesen beiden Sätzen braucht es ihn: den Mut zu scheitern – und somit auch den Mut, etwas anderes als bisher zu versuchen, verspielt und neugierig, ohne daran krampfhaft festhalten zu müssen. Es darf funktionieren, aber es muss nicht. Lieber testen und nach einer bestimmten Zeit noch einmal auf die Veränderung schauen und neu bewerten.

Dies führt zu zweierlei: Im besten Fall haben Sie eine Veränderung erreicht; auf jeden Fall haben Sie das Gefühl, etwas bewirken zu können, zurückerhalten. Aus ersterem entsteht eine Entlastung, aus zweitem Kraft und Zuversicht.

Und was ist mit den ganz großen Themen wie eingangs erwähnt? Hier ist es nicht anders, nur sehe ich hier andere Akteure in der Pflicht, von der Führungskraft bis zur Politik, von Interessensvertretungen bis hin zur gesamten Gesellschaft. Wir kommen nicht drumherum: So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Eine Lösung ist im Moment nicht greifbar und wird ein Prozess sein, der mehr als eine neue Idee brauchen und von vielen Händen nach vorne getragen wird. Möchten Sie mit uns mutig sein?