23. Dezember - Mut die Füße still zu halten

Mut die Füße still zu halten

Wer kann das übernehmen? Die Frage hängt im Raum und alle schauen etwas verlegen zur Seite. 
Wer jetzt als erstes zuckt, hat „verloren“. Diese wirklich kurze Zeitspanne aushalten, in der
die Frage im Raum hängt und keiner antwortet? Das ist nicht einfach – jedenfalls nicht für 
mich. Meist liegt mir das „Klar, kann ich machen“ schon auf der Zunge, ich schaffe es noch, 
drei Sekunden still zu halten und dann sage ich doch, dass ich mich darum kümmern kann. Auch 
wenn ich eigentlich keine Zeit habe, und schon jetzt nicht mit meinen Aufgaben hinterher komme.
Am besten setze ich mich dann auch noch direkt dran, dann ist es erledigt und steht nicht lange
auf meiner To-do-Liste.  
So landen immer mehr Extra-Aufgaben auf meinem Schreibtisch und mein Stresspegel steigt. 
Gerade jetzt am Ende des Jahres, in der Vorweihnachtszeit.  
Eine Kollegin hat diesen Kreislauf beobachtet und mir geraten, einfach mal die Füße still zu 
halten. Aber das geht nicht so einfach, zumindest mir fällt das nicht leicht. Einerseits bin ich
von Natur aus hilfsbereit und finde es wichtig, andere zu unterstützen und meine Kraft sowie Zeit
auch für die Menschen um mich herum einzusetzen. Andererseits ist es Teil meines Jobs, anderen 
helfend zur Seite zu stehen. Aber ich weiß auch, dass mich die Fülle an Aufgaben, die 
Zeitknappheit und mein eigener Ansprung ganz schön unter Druck setzen. Auf Dauer erschöpft 
diese Überlastung. Ich weiß, dass meine Kollegin recht hat, und ich einzelne Aufgaben anderen 
überlassen sollte. Doch wie schaffe ich das, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, ohne 
jemanden „im Regen“ stehen zu lassen, ohne egoistisch zu wirken? 

Es geht um das Verantwortungsgefühl.  

Nicht allein ich bin dafür verantwortlich, dass der Laden läuft. Das ist Teamwork. Wenn ich 
überlastet bin, habe ich Kolleg*innen, die da sind und einspringen können. Manchmal muss man
einfach mal die Füße stillhalten und anderen die Chance geben, Aufgaben zu übernehmen und zu 
sagen “Ich kann das machen”. Dabei hilft der Gedanke, dass, wenn ich vor Stress und Überlastung
krank werde und ausfalle, das plötzliche Einspringen für meine Kolleg*innen viel belastender 
ist. Also sollte die Priorität sein: fit und gesund bleiben!  
Ein weiterer Gedanke hilft, Verantwortung abzugeben: Wenn die anderen im Team immer wieder 
auch Aufgaben erledigen, die sonst eher bei mir liegen, dann wissen sie Bescheid und sind 
vorbereitet, falls ich doch mal ausfallen sollte. Somit sind sie nicht von mir abhängig und 
gestresst, falls ich mich krankmelden muss oder mal im Urlaub bin. Zudem hilft der Gedanke 
daran, dass, anderen den Raum zu geben, Aufgaben zu übernehmen, auch bedeutet, ihnen diese 
Entscheidung selbst zu überlassen. Positiv betrachtet kann man fast sagen, die anderen
ab und an selbst machen zu lassen, ist eher ein Geschenk für sie ;).