Was heißt resilient sein?
Eine schöne und knackige Definition liefert Prof. Dr. Jutta Heller. Sie sagt kurzgefasst, dass resilient sein „situationselastisch zu agieren“ bedeutet. In diesen zwei Worten steckt viel mehr, als man denkt.
Lassen Sie uns mit dem ersten Teilbegriff „Situation“ anfangen. Eine Situation ist etwas, was man oft nur begrenzt beeinflussen kann, man gerät hinein. Sie ist oft von Faktoren abhängig, die nicht steuerbar sind. Wenn ich resilient bin, dann habe ich die Fähigkeit, das Unabänderliche dabei zu akzeptieren. Ungewissheit wiederum ist etwas, das in der jetzigen Zeit viele Momente kennzeichnet, insbesondere aufgrund der Coronapandemie. Das ist aber gar nichts Neues, denken Sie zum Beispiel an die Pubertät Ihrer Kinder und wie unvorhersehbar die Reaktionen dabei sind, oder daran, wie Ihre Großeltern die Kriegszeit bewältigt haben. An der Situation kann man vielleicht wenig ändern, aber daran wie man mit ihr umgeht bzw. sie wahrnimmt. Das hängt mit der eigenen Haltung der Welt und den Menschen gegenüber zusammen. Wenn man die Überzeugung hat, dass sich Dinge zum Guten wenden werden, oder dass alles noch eine zweite, positive Seite hat, dann hilft das ungemein. Eine optimistische Grundhaltung ist existentiell, um ungewisse Situationen gut zu bewältigen.
Nun zum zweiten Teilbegriff „elastisch“. Elastisch, das erinnert mich immer an das Gummiband, wie es meine Oma vernäht hat. Elastisch heißt für mich, dass das Gummiband dazu da ist, sich an den jeweiligen Träger anzupassen und das passiert automatisch. Es ist also dafür gedacht, sich in seiner Form zu verändern. Veränderungsbereitschaft ist eine der Schlüsselkompetenzen, um herausfordernde Situationen gut zu bewältigen. Sie ist die Fähigkeit, sich an Veränderungen anpassen zu können bzw. Veränderungen sogar aktiv zu suchen, um das Beste aus der Situation zu machen. Das geht aber nur, wenn man auch etwas verändern möchte, also lösungsorientiert ist. Das Gummiband ist so eine pragmatische Lösung. Lösungsorientierung heißt für mich die Haltung zu haben, dass jede Herausforderung auch gleichzeitig eine Chance ist.
Diese Chance zu sehen und aktiv zu handeln, anstatt sich in das Problem zu vergraben – das verbirgt sich hinter dem dritten Begriff „agieren“ in der Definition von Prof. Dr. Heller. Dafür muss man aber auch das Gefühl haben, etwas tun zu können. Selbstwirksamkeit bedeutet vom eigenen Handeln und Tun überzeugt zu sein. Zu wissen: ich kann mit meinem Handeln etwas bewirken oder eine Lösung finden und reagiere nicht bloß. Eine alte Volksweisheit fasst das für mich gut zusammen „Tadle nicht den Fluß, wenn du ins Wasser fällst.“ Übersetzt in die heutige Zeit meint es „raus aus der Opferrolle kommen“, aktiv zu werden und auch Verantwortung für sich und das eigene Handeln inklusive der Konsequenzen zu übernehmen. Ein weiterer Aspekt ist in dem Wort agieren für mich auch noch enthalten, nämlich der Blick in die Zukunft – ob nun nah oder fern. Denn die Vergangenheit ist unabänderlich. Zukunftsorientierung bedeutet eine klare, realistische Vorstellung davon zu haben, wo man mit seinem Handeln hinmöchte.
Sie merken, in dieser kurzen Definition „situationselastisch agieren“ verbirgt sich deutlich mehr als auf den ersten Blick ersichtlich. Eigentlich sind fast alle Schlüsselkompetenzen für Resilienz enthalten: Akzeptanz von Unabänderlichem, Umgang mit Ungewissheit, positive Grundeinstellung, Veränderungsbereitschaft, Lösungsorientierung, Eigenverantwortung, selbstwirksam handeln und den Blick in die Zukunft zu richten. Viele dieser Kompetenzen bringen Sie bereits mit.
Dies hier ist nur ein kleiner Denkanstoß, um das was da ist wieder sichtbar zu machen und zu aktivieren und vielleicht haben Sie diese kurze Zeit des Lesens bereits für eine erste Reflexion genutzt.