Enttäuschte Hoffnung
Gastbeitrag von Sr. Irmgard Richter - Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.
Vierte Welle – natürlich konnte man die kommen sehen. Aber ich war nicht wirklich
darauf vorbereitet, dass sie so schnell anrollt. Und natürlich sind wir, was Corona
angeht, weiter als vor zwei Jahren: es gibt Tests und Impfungen und auch ein paar
Erfahrungen. Und ja, es heißt, einen allgemeinen Lockdown soll es nicht mehr geben.
Aber es wurden Veranstaltungen abgesagt, auf die ich mich gefreut hatte – und ich
merke, dass mich das deprimiert.
Nein, es geht mir schon gut und so weiter: Ich bin gesund, ich habe Arbeit, bin mit
allem Nötigen versorgt, lebe in einer schönen Landschaft, in der ich spazierengehen
darf. Ich jammere auf hohem Niveau, das weiß ich. Und trotzdem spüre ich Traurigkeit.
Ich glaube, das Schlimmste ist für mich, dass ich Hoffnungen hatte, die sich nicht
erfüllen. Und damit bin ich sicher nicht allein. Wir haben in diesen Jahren vieles
mitgemacht, ausgehalten, entbehrt und kompensiert. Wir waren tapfer und vernünftig
und haben (meistens) geduldig auf vieles verzichtet – in der Erwartung, dass das alles
irgendwann vorbei oder doch wenigstens „normaler“ sein wird. Und jetzt?
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt man. Aber wenn sie stirbt, ist das wirklich schlimm.
So ein kleines Stückchen Sterben habe ich in diesen Tagen erlebt. Hilft Galgenhumor?
„Gestern standen wir vor einem Abgrund; heute sind wir einen Schritt weiter.“
Vielleicht kann ich morgen darüber lachen. Heute will ich aber einfach nur mal „down“
sein dürfen. Ich finde, das darf man auch mal.