Gedanken zum Umgang mit älteren Beschäftigten

Ab wann ist man eigentlich ein*e ältere*r Beschäftigte*r? Meine Recherche hat ergeben: Es gibt keine Einigkeit darüber. An eine konkrete Altersangabe traut sich schon gar keiner heran.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) hat in ihrer Broschüre „Alles grau in grau?“ folgende Definitionen zusammengefasst: Nach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gelten als ältere Arbeitnehmer diejenigen, die in der zweiten Hälfte des Berufslebens stehen, das Rentenalter noch nicht erreicht haben sowie gesund und leistungsfähig sind. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hingegen sieht eine fließende Grenze zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr, ab der ein Beschäftigter als älterer Beschäftigter bezeichnet wird. 

Vielleicht führen diese kurzen Ausführungen bereits zu einem kurzen Nachdenken. Sind z.B. alle jungen Mitarbeitenden immer gesund und leistungsfähig? Zwischen 45 und 55 Jahren klafft eine große Lücke. Viele meiner Freundinnen haben ihr erstes Kind erst Ende 30 bekommen und rutschen dann fast direkt in die Kategorie ältere Arbeitnehmer*in. Und der Trend zur späteren Familiengründung hält an. Die meisten von uns haben eine immer längere Lebensarbeitszeit vor sich. Die Rente mit 63 ist für die Jahrgänge ab 1970 schlichtweg unrealistisch. Bei Freiberuflern steht die Frage nach der Rente oft gar nicht im Raum, es sind ja auch keine Arbeitnehmer, weswegen die Definitionen hier nicht zu greifen scheinen.  

Ist es daher vielleicht eine Frage dessen, wie wir altern? Hat sich das Altern über die Jahre verändert? Darüber gibt eventuell das Zukunftsinstitut Aufschluss, das einen neuen Megatrend identifiziert hat –  Der Megatrend Silver Society (zukunftsinstitut.de). Der Trend sagt: „Die Alten“ gibt es nicht mehr. In der Ära der Post-Demografie wird das Alter entgrenzt. So wie die vielfältige Liquid Youth keine einheitliche Kohorte mehr bildet, können auch „die Alten“ längst nicht mehr über einen Kamm geschert werden. Ältere denken und handeln zudem mitunter „jugendlicher“ als die Jüngeren selbst.“ Es fällt auf, dass ein heute 60-Jähriger mühelos das biologische und auch gefühlte Alter eines 40-Jährigen vor 100 Jahren hat. Woran liegt das? Die Ernährungssituation wie auch die hygienischen Bedingungen und die medizinische Versorgung haben sich weltweit verbessert. Viele Ältere legen Wert auf gute Ernährung, das Fitnesslevel und Interesse an körperlicher Bestätigung steigt und auch der Musikgeschmack orientiert sich immer mehr am Zeitgeist. Laut dem Zukunftsinstitut verschwimmen die Grenzen zwischen den Generationen.

Vielleicht müssen wir unseren Mindset ändern. Viele Generationen haben immer auf die Rente hingearbeitet, um dann endlich Zeit zu haben, all das nachzuholen, was wegen der Arbeit zu kurz kam. Heute steht bei vielen Alterskohorten die Lebensqualität im Fokus. Karriere im Alter scheint heute, wie man in der Edeka Werbung mit Friedrich Liechtenstein sieht, möglich. (12) EDEKA - SUPERGEIL Song + Lyrics (Super Geil Werbung 2014) Commercial AdVideo Friedrich Liechtenstein - YouTube 

Wie möchte ich, dass mit mir umgegangenen wird, wenn ich im Erwerbsleben altere? Mein Fazit: Nicht anders als jetzt. Ich möchte weiterhin alle Chancen und Optionen haben, mich vielleicht nochmal verändern, eventuell meine Arbeitszeit flexibilisieren, um Zeit für andere Themen im Leben zu haben, oder mit 50 ein Sabbatical einlegen. Ist eine Differenzierung zwischen älteren, mittelalten und jüngeren Beschäftigten daher überhaupt notwendig? Insbesondere, wenn die Leistungsfähigkeit nicht eingeschränkt und Freude am Tun groß ist? Geht es vielleicht nicht eher darum, den Menschen in seiner individuellen Lebenssituation mit seinen Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen unabhängig von Alter, Geschlecht, etc. wahrzunehmen? Ist daher das Konzept des älteren Beschäftigten, das einen besonderen Umgang erfordert, nicht einfach überholt? Geht es nicht einfach darum, die Arbeitsfreude zu erhalten? Und nicht zu vergessen, um lange "gesund zu arbeiten", ist vor allem das Bereitstellen guter Rahmenbedingungen erforderlich.

Anbei noch ein paar Links, bei Interesse an dem Thema:

Loud & proud: Die neue Story der Alten (zukunftsinstitut.de)

"Alter ist eine Illusion" (zukunftsinstitut.de)