Spiritueller Impuls: Das Gewissen

Das Gewissen

Gastbeitrag von Sr. Irmgard Richter - Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.

Unter einer Brücke sah ich dieses Graffito: „Das Gesetz ändert sich, das
Gewissen nicht.“ Ich musste an einen Film denken, der kürzlich im Fernsehen
lief. Ein Kriegsverbrecher im 2. Weltkrieg war durch einen juristischen Trick ohne
Strafe davongekommen. Dem Recht war Genüge getan, aber gerecht war das
nicht. Recht und Gerechtigkeit sind nicht immer dasselbe.

Und was hat es mit dem Gewissen auf sich? Ist das nicht irgendwie eine sehr
ungewisse Sache? Es gibt gewissenhafte und es gibt gewissenlose Menschen,
die anscheinend vieles „mit ihrem Gewissen vereinbaren können“, worüber
andere nur den Kopf schütteln. Wer sich bloß an „den Buchstaben des Gesetzes“
hält, beruhigt damit vielleicht sein Gewissen und empfindet nicht, dass er dabei
Unrecht tut.

Das Gewissen ist formbar – durch Erziehung zum Beispiel. Oder durch
Entscheidungen, die man trifft. Jeder Mensch will gut sein, und wenn ich mich
gegen mein Gewissen verhalten habe, kann es sein, dass das Gewissen sich
einfach anpasst und sich beim nächsten Mal nicht mehr so deutlich meldet.

Für mich sind die christlichen Werte eine wichtige Orientierungshilfe.
„Wahrheit“ zum Beispiel – und „Liebe“. Wenn ich mich davon leiten lasse,
kann es sein, dass ich mehr tue, als das Gesetz von mir fordert; mehr, als in
meiner Umgebung „üblich“ ist; mehr als nur das, was für mich vorteilhaft wäre.
Es kann mir helfen, dass ich mich auch dann gewissenhaft verhalte, wenn mir
keiner dabei zusieht.