Spiritueller Impuls: Mitfühlen

Mitfühlen

Gastbeitrag von Sr. Irmgard Richter - Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.

Der Apostel Paulus machte in den ersten Jahrzehnten unserer Zeitrechnung das
Christentum im römischen Reich bekannt. Nach ihm sind die Pauluskirche und
der Paulussaal in Freiburg benannt. Das Gebäude gehört zur Evangelischen
Stadtmission. Hier finden nicht nur die Gottesdienste der Gemeinde „Dreisam3“
statt. Der Saal wird für Konzerte und andere Veranstaltungen vermietet und
auch von der Uni Freiburg genutzt. Hier begegnen sich also Theologie, Kunst und
Wissenschaft.
Im Eingangsbereich kann man auf den viereckigen Säulen Zitate von Paulus
lesen. Erstaunlich, wie bekannt manche sind, ohne dass man weiß, woher sie
stammen. Erstaunlich auch, wie aktuell manche sind. Jedes Paulus-Zitat ist mit
einem anderen Zitat aus der Neuzeit verbunden.

Hier wird Albert Schweizer zitiert, der das Mitleiden mit allen Geschöpfen in sich
selbst entdeckt und damit seine Berufung gefunden hat. Die Psychologie geht
davon aus, dass die Fähigkeit zum Mitgefühl zur Grundausstattung des
Menschen gehört.

In helfenden Berufen kann das zum Problem werden. Mit den Weinenden zu
weinen, ohne selbst in Traurigkeit zu versinken oder gar depressiv zu werden,
erfordert, dass ich zwischen mir und dem anderen unterscheiden kann, ohne
mich zu stark zu distanzieren – ein Balance-Akt.

Jedes Weinen hat seine Gründe. Die muss man nicht bewerten. Manchmal kann
man sie abstellen oder lindern, manchmal auch nicht. Aber dann kann man
wenigstens Anteil nehmen, Nähe schenken, mitweinen. Hilfreich ist es, wenn ich
auch für mich selbst Mitgefühl empfinden kann – eine Haltung von Verständnis,
Geduld und Güte.