Selbstquälerei?

Gastbeitrag von Sr. Irmgard Richter - Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.

Auf meiner Fahrt mit der Schauinslandbahn schwebe ich hoch über der Straße.
Da unten strampelt sich ein Radfahrer den Berg hinauf. Ein anderer Fahrgast in
der Gondel kommentiert: „Ja, es gibt so Verrückte“. Oben auf der Bergstation
sehe ich einen anderen Radfahrer, der es schon geschafft hat und gerade Pause
macht. Ich frage mich: Welche Gründe gibt es denn womöglich, sich mit dem
Fahrrad (ohne E-Akku!) auf den Schauinsland hoch zu quälen? Es sind tatsächlich
merkwürdige Gründe denkbar. Von „Wie schön, wenn der Schmerz nachlässt!“
bis „Den anderen zeig‘ ich es mal!“ oder „Ich bin nur wertvoll, wenn ich viel
leisten kann.“ …

Aber mir fallen auch gute Gründe ein. Vielleicht machen Menschen das einfach,
weil sie es können, weil sie Freude daran haben, ihre Kraft zu spüren, ihre
Fähigkeit zu betätigen. Wer sich anstrengt und das mit Lust und Freude tut – ob
im Sport oder in ganz anderen Bereichen, erlebt ja auch, dass er oder sie stark
ist, kompetent ist; dass der eigene Wille sich gegen die eigene Bequemlichkeit
behaupten kann. „Über sich hinauswachsen“ – sich ausprobieren, sich
weiterentwickeln – ich finde, das sind gute Gründe. Freude an der eigenen
Leistung – ich finde, das ist ein gutes Motiv.