Spiritueller Impuls: Warum?

Warum?

Gastbeitrag von Sr. Irmgard Richter - Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.

Zwei Männer sitzen auf einer Bank im Park. Fragt der eine: „Wenn du Gott eine
Frage stellen könntest, was würdest du ihn fragen?“ Sagt der andere: „Warum
Gott all das Leid auf der Welt zulässt!“ Darauf der Erste: „Und warum macht du
es nicht?“ – „Weil ich Angst habe, dass er mich das Gleiche fragt.“ *

Diese Frage höre ich oft: Warum lässt Gott Leid zu? Und oft ist es eigentlich
keine Frage, sondern eine Anklage. Gott wird zur Rechenschaft gezogen für sein
Nichts-Tun. Oft ist es nicht einmal eine echte Anklage, sondern ein Argument
gegen die Existenz Gottes. Wenn er nicht eingreift, kann es ihn nicht geben.
Mir gefällt dieser Mann, der Gottes Existenz nicht abstreitet. Er traut sich auch
nicht, Gott anzuklagen, denn er macht sich klar, dass er selbst auf der Anklagebank
sitzen könnte, wenn es um das Leid auf der Welt geht.

Gott hat diese Welt uns Menschen anvertraut. Wir tragen Verantwortung.
Allerdings: in einer globalisierten, modernen Welt ist es nicht leicht, etwas zu
ändern am Leid anderer. Und doch spüren Menschen dieses Bedürfnis, wenn
plötzlich Katastrophen eintreten: Krieg, Hunger, Erdbeben. Ihr Helfen ist nicht
immer hilfreich, aber nichts zu tun, ist kaum auszuhalten. Das Gefühl von
Ohnmacht ist lähmend.

Ein alter Mann, den ich sehr schätze, ein gläubiger Christ, hat es sich in seinem
Ruhestand zur Aufgabe gemacht, Geld zu sammeln für Hilfsprojekte – und zu
beten. Er ist für mich ein Vorbild.

* (aus: Hoppla! Neue Geschichten für andere Zeiten, Andere Zeiten e.V.)