Was in der Krise hilft: Von der Seele schreiben

Teil 1 der neuen Reihe

Von der Seele schreiben

Krisen sind menschlich und gehören zum Leben dazu. Das wissen wir. Dennoch treffen sie uns hart und unvorbereitet. In dieser Reihe widmen wir uns dem Thema „Was in der Krise hilft“. Denn oftmals können schon kleine Schritte helfen, einen besseren Umgang mit der herausfordernden Situation zu finden.

Heute stellen wir die Technik des Expressiven Schreibens vor. Denn das „heilsame Schreiben“, wie es James Pennebaker nennt, der dieses Selbsthilfeprogramm entwickelt hat, kann in oder nach Krisenzeiten beim Aufarbeiten unterstützen.

Die Übung sieht vor, dass man an vier aufeinander folgenden Tagen für jeweils 20 Minuten ohne Unterbrechung niederschreibt, was einen aufwühlt und bewegt. Wenn man dabei an die eigene Schmerzgrenze stößt, sollte man jedoch abbrechen. 

Am ersten Tag geht es darum, sich zu öffnen. Welche Situation hat mich emotional aufgewühlt und mein Leben grundlegend beeinflusst? Es geht darum, sowohl über das Ereignis zu schreiben als auch über die Gefühle, die es ausgelöst hat und ggf. bis heute auslöst. 

Am zweiten Tag steht die Frage im Vordergrund, wie das Krisenereignis andere Bereiche meines Lebens beeinflusst hat. Zum Beispiel meine Beziehungen zu Familienmitgliedern, Freunden oder Kolleg*innen. Wie hat das Erlebte meine Arbeit, mein Selbstbild oder auch meine Sichtweise auf die Vergangenheit beeinflusst?

Auch am dritten Tag beschreibt man erneut das Ereignis. Jetzt sollte jedoch der Blickwinkel gewechselt werden: In welchen Bereichen fühle ich mich besonders verletzlich? Dieser Tag ist nach der Erfahrung Pennebakers besonders kritisch, da man hier auf Themen stößt, die man zuvor gerne außen vor gelassen hat oder denen man zuvor aus dem Weg gegangen ist. 

An Tag vier tritt man beim Schreiben einen Schritt zurück, geht in eine Betrachterhaltung. Nun geht es um die Reflektion, welche Gedanken und Gefühle durch das Schreiben der letzten Tage offenbar wurden. Was habe ich durch die Krisen in meinem Leben verloren oder gewonnen? Was habe ich gelernt? Pennebakers Rat zum Schluss: Die Erfahrung bzw. das Geschriebene, zu einer Geschichte zu verbinden, die man in die Zukunft mitnimmt. 

 

Quelle: Psychologie heute compact, „Was in schweren Zeiten hilft“, Heft 70, 2022, BELTZ Verlag, S.78-79.